Klassik Heute – Empfehlung vom 22.08.2019:
Künstlerische Qualität: 10 Punkte
Klangqualität: 10 Punkte
Gesamteindruck: 10 Punkte
Kritik Christoph Schlüren: „Sherwoods Musik ist, wie experimentierfreudig sein Geist auch war, stets (erweitert oder traditionell) tonal und unmittelbar kommunizierend. Der Hörer nimmt an einem Prozess teil, der voller Überraschungen steckt, die keiner außermusikalischen Mittel und keiner Schockeffekte bedürfen, sondern dem natürlichen Ausdrucksbedürfnis eines
Künstlers entspringen, der in der ganzen Welt und all’ ihren Ausdrucksformen zuhause ist und dabei keinen Bruchteil seiner kindlichen Entdeckerfreude eingebüßt hat: immer frisch, nie eindimensional, unergründlich musikalisch. Dem werden die Aufführenden mit immenser Hingabe und feinfühliger Intensität gerecht, und eine fein balancierte Aufnahmetechnik sowie ein ansprechender Booklettext ergänzen das ansprechende, anregende Bild.“
Lyrics
West Wind
Standing alone upon the shore with the deep, darkblue sea
stretched out wide before me.
I could not wish for anything more than only to see my love again.
Blow, West Wind, blow me back my love.
Melt away my tears. Blow away my fears.
Standing alone under the sky with the bright gold yellow sun,
casting his beams in sparkling fun.
I´d never have reason to cry if only my sweetest love were here.
Blow, West Wind, blow me back my love.
Melt away my tears. Blow away my fears.
Feeling the warmth of Love´s last smile cast on the wind returning to me
From far beyond the deep blue sea will sting my heart
For all this long while until I can touch your lips again.
Blow, West Wind, blow me back my love.
Melt away ma tears. Blow away my fears.
Solitude
In the cool shadow of the Night not one single star gives me light.
In my little house hidden by ferns not even one tiny candle burns.
In this dark forest darkness rules.
My thoughts are sinking into bottomless pools.
All is empty, lost and forlorn for now even I from myself am torn.
Storm at Sea
Today as I go astumbling over the rocky wind swept crags
I hear the surf arumbling as the clouds are torn to rags.
Today the winds are ahowling in all their savage raging fury
I see the sky a scowling as if commanding me to hurry.
As the stinging salty spray scalds my cheeks like burning tears
I think of my love now far away as if the days had turned to years.
The winds are tearing my heart asunder just as cruelly as they tear the sea.
But the sea rebels with all it´s thunder while I can never set my own storm free.
I can never set my own storm free.
Und weitere...
Die Five Love Songs op. 24 schrieb Gordon Sherwood im Frühjahr 1967 in Rom. Hier hatte er an der Academia di Santa Cecilia sein Musikstudium bei Goffredo Petrassi abgeschlossen, nachdem er in Hamburg Schüler von Philipp Jarnach gewesen war (und zuvor Unterricht bei Aaron Copland in Tanglewood genommen hatte). Die Einflüsse beider europäischer Musikpädagogen machen sich in diesen fünf Liebesliedern geltend. Doch von gelingender Liebe ist hier fast nirgends die Rede, die Texte (verfasst von Gordon Sherwood selbst) sind leidenschaftlich, doch sprechen sie mehr von Herzweh als von Glück. Eine expressive, unterkühlte Stimmung voll flehender Sehnsucht prägt „West Wind“ in h-Moll, der „schwarzen Tonart“ (so hat sie Beethoven genannt). Häufiger Wechsel des Tempos und eine atonale Fraktur bestimmen das beinahe noch düsterere „Solitude“, wo Einsamkeit ohne Hoffnung waltet. „Storm at Sea“ (a-Moll) bildet eine aufgeregte Seelandschaft ab, die ihre Entsprechung in der persönlichen Seelenlandschaft hat. Schrecken und Nebel walten in „Ghost Ship“, das mit den abrupten Wechseln des Metrums und der wiederum atonalen Anlage eindrucksvoll Verzweiflung verströmt. Und dann bricht plötzlich Freude in dieses Dunkel ein. Bei „In ev’ry song there is a dance“ im adäquaten F-Dur hat uns das Leben wieder.
Gordon Sherwood – The Complete Songs, Vol. I
Die erste CD der Erst-Veröffentlichung des Gesamt-Liedschaffens (Musik & Text) von Gordon Sherwood.
Aus dem Booklet: „Gordon Sherwoods Œuvre umfasst 143 Werke in allen Gattungen, von den großen sinfonischen und konzertanten Formaten über kammermusikalische Werke bis hin zu Miniaturen für Soloinstrumente. Zum vielseitigen Schaffen ‒ und dieses Prädikat bezieht sich sowohl auf die Genres, als auch auf den Stil ‒ gehören auch die Werke für das Klavier, dokumentiert bei Sonus Eterna durch die Edition des pianistischen Gesamtwerks. Allen gemein ist Gordon Sherwoods unbändiges Vergnügen an der Vermengung all der Stilelemente, die er auf seinen ausgedehnten Studienreisen kennengelernt hat: orientalische, asiatische, nordamerikanische und europäische Einflüsse: Er schafft daraus spielerisch seinen höchsteigenen und eigenwilligen musikalischen Kosmos. In diesem Universum strahlen die Lieder besonders hervor. Zwanzig Gruppen hat Gordon Sherwood komponiert und einige Einzelwerke, zumeist auf eigene Texte. Keines dieser Lieder ist bisher veröffentlicht worden. Angeregt zu dieser Gattung hat ihn wohl seine damalige Frau Ruth, eine deutsche Sängerin. Gemeinsam mit Felicitas Breest initiiert Masha Dimitrieva mit dieser CD das Projekt, Gordon Sherwoods Liedschaffen erstmals auf Tonträger zugänglich zu machen. Das Vol. I vereinigt vier Werkgruppen, die zu verschiedenen Zeiten entstanden sind und ‒ das sollte man bei Sherwood jedesmal dazu sagen ‒ an unterschiedlichen Orten. (Dr. Ulrich Kahmann)